Podcast: „Es ist Aufgabe des Bundesinnenministeriums“

3.4.22

Im Podcast "Politik mit Stil" spricht Daniela Kluckert mit Ruben Giuliano über das Ergebnis der Landtagswahlen im Saarland, den Krieg in der Ukraine, die Zusammenarbeit der Koalitionspartner und weitere spannende Themen.

RG = Ruben Giuliano; DK = Daniela Kluckert

RG: Herzlich willkommen bei Politik mit Stil. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen.

DK: Schön, dass Sie hier sind!

RG: Gestern, am 27.03.2022, hat die Landtagswahl stattgefunden. Die SPD erzielte ein historisches Ergebnis, sie erreichte die absolute Mehrheit. Die FDP hat es nicht geschafft. Woran hat es gelegen?

DK: Erst einmal mein großer Glückwunsch an Anke Rehlinger, das Ergebnis hat natürlich auch mit ihrer Person zu tun. Ich habe sie bei den Koalitionsverhandlungen miterlebt, sie war Teil des Verkehrsteams seitens der SPD und sie ist eine starke Persönlichkeit. Woran hat es aber gelegen? Es war ein Elefantenrennen. Der Landtag des Saarlandes ist aus demokratischer Sicht ärmer geworden. Er besteht aus zwei großen Parteien und der AfD. Es fehlt eine echte Opposition. Vor allem fehlt die FDP, das stimmt mich traurig.

RG: Was ist das für ein Zeichen an die Bundes-FDP? Ist das eine Schwächung für die Ampelkoalition? Gefällt den Bürgerinnen und Bürgern die FDP in der Koalition doch nicht so gut?

DK: Wir haben stark zugelegt im Saarland, sind ganz knapp an der 5%- Hürde gescheitert. Die Zustimmung zu unserer Politik ist stark gewesen. Uns fehlen ganz wenige Stimmen zum Einzug in den Landtag. Wir hatten eine tolle Spitzenkandidatin, die den Geist der Menschen getroffen hat, sowie einen großartigen Landesvorsitzenden, meinen Kollegen Oliver Luksic. Mit dieser knappen Entscheidung fühlen wir uns eher gestärkt.

RG: Nun, dass die SPD auch so gut abgeschnitten hat, sehen Sie das Ergebnis als Stärkung der Ampelkoalition?

DK: Es ist immer gut, starke Partner zu haben. Dass wir stark zugelegt haben im Saarland ist aber für uns auch ein gutes Signal im Hinblick auf die anstehenden Landtagswahlen in den umliegenden Bundesländern. Ich hätte es den Kollegen und Kolleginnen im Saarland sehr gewünscht, in den Landtag einzuziehen, aber so bauen wir eben auf Teilerfolgen auf. In fünf Jahren können wir dann neu angreifen und den saarländischen Landtag für uns gewinnen.

RG: In dieser Woche starten wir in die fünfte Kriegswoche seit dem russischen Angriff auf die Ukraine. Welche Worte finden Sie dazu?

DK: Für die Gräueltaten, die der ukrainischen Bevölkerung angetan werden, gibt es keine Worte. Die Bilder machen fassungslos. Es ist kaum zu fassen, dass so etwas in unserer zivilisierten Welt noch möglich ist und solche Gräueltaten noch befehligt werden. Das betrifft uns alle, der Krieg findet quasi vor der Haustür statt. Wir müssen uns überlegen, wie wir mit der Ukraine, mit Russland und den geflüchteten Menschen umgehen. Die, die bleiben wollen, müssen wir schnell integrieren, ihnen Schutz gewährleisten, Sprachkurse anbieten und schließlich einen schnellen Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen. Immer wieder nutzen Menschenhändler die schwierige Situation, in der sich antreffende Frauen und Kinder befinden, zu ihren Gunsten aus. Als Bundesministerium haben wir in den Bussen und Bahnen Informationen aushängen lassen. Infrastruktur auf der Schiene bekommt eine ganz neue Bedeutung. Unser Minister hat sich dafür eingesetzt, dass eine Schienenbrücke ins Leben gerufen wird, um Güter in die Ukraine zu transportieren und Fliehenden einen Weg nach Deutschland zu schaffen.

RG: Eine Vielzahl an Themen. Sie haben einige Aufgaben des BMDV bereits angesprochen. Die Länder kritisieren, dass die ukrainischen Geflüchteten mit Zügen in Berlin ankommen und das Land überlastet ist. Sollten man nicht auch andere Bahnhöfe ansteuern?

DK: Erstens ist das Verkehrsministeriums nicht dafür zuständig, Geflüchtete zu verteilen. Das ist die Aufgabe des Innenministeriums. Die Geflüchteten sind mit regionalen Zügen gefahren und haben die Strecke nach Berlin gewählt. Solange keine Sonderzüge mit spezifischen Zielen organisiert werden, können wir Menschen nicht einfach an einen bestimmten Ort fahren. Die Länder müssen außerdem Plätze melden. Dann kann das Ministerium auch helfen, die Geflüchteten zu verteilen. Berlin ist sehr speziell. Der Senat hat leider nicht aus der letzten Flüchtlingswelle gelernt. Ich gehe aber davon aus, dass Giffey eine Verbesserung erreichen wird. Wir müssen die Menschen von ehrenamtlichen Strukturen in staatliche Strukturen überführen. Nur so können wir sie auch schützen.

RG: Sie haben gesagt, dass die Bundesinnenminister und -ministerinnen melden sollen, wohin Geflüchtete kommen können. Gibt es denn verfügbare Sonderzüge?

DK: Ja, wir können Sonderzüge einsetzen. Dafür müssen wir aber wissen, wohin die Menschen gefahren werden sollen.

RG: Der Ukrainekrieg hat uns alle überrumpelt. Die FDP hat sich auch in der Verkehrspolitik durchringen können. Welche Projekte laufen gerade?

DK: Wir haben viele große Projekte angestoßen. Ein Beispiel wäre die Gigabitstrategie. Unser Minister Volker Wissing hat bereits die Eckpunkte der „short version“ der Gigabitstrategie vorgestellt. An der „long version“ wird weitergearbeitet. Dann haben wir das große Projekt Digitalstrategie, das gerade auf den Weg gebracht wird. Noch in diesem Halbjahr wollen wir es ins Kabinett bringen. Das muss gut vorbereitet werden, denn das ist eine Zusammenarbeit aller Ministerien. Hier geht auf jeden Fall Genauigkeit vor Schnelligkeit.

RG: Sie sprechen viele Digitalprojekte an. Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Koalitionspartnern?

DK: Die Zusammenarbeit läuft auf allen Ebenen gut. Es wäre verrückt, wenn wir immer einer Meinung wären, denn dann wären wir auch eine Partei. Wichtig ist, dass wir den Diskurs leben. Wir haben den Koalitionsvertrag, an den wir uns halten. Da arbeiten wir jetzt die Punkte ab. Im Verkehrsbereich haben wir auch einiges bewegt. Wir haben eine Sonderverkehrsministerkonferenz einberufen, die sich mit dem Thema der Finanzierung des ÖPNV beschäftigt, haben Arbeitsgruppen eingerichtet. Auch hat der Brückengipfel stattgefunden, um darüber zu sprechen, wie wir schneller vorankommen können in der Erhaltung und Erneuerung unserer Brücken, ein unglaublich wichtiges Thema. Im Bereich der Elektromobilität arbeiten wir an dem neuen Masterplan für Ladesäuleninfrastruktur. Es laufen viele Themen parallel.

RG: Sie haben in diesem Gespräch kaum das Auto erwähnt. Sind Sie noch eine Auto-Partei?

DK: Elektromobilität ist ein Thema, das eng mit dem Auto verknüpft ist. Wir wollen 15 Millionen Elektroautos auf die Straßen bringen. Dafür wird jetzt das Schnellladenetz ausgerollt. Auch ist gerade die Ausschreibung für das Deutschlandnetz gelaufen. Wir haben uns mit unbewirtschafteten Raststätten beschäftigt. Natürlich spielt das Auto eine Rolle bei den Themen Wasserstoff und erneuerbare Kraftstoffe. Wir müssen unsere Infrastruktur weiter erhalten und erneuern, damit man fahren kann. Ich persönlich finde aber, dass wir die Themen nicht gegeneinander ausspielen sollten. Gerade in der Stadt ist man nicht auf das Auto angewiesen. Vor allem im ländlichen Räumen müssen wir „Seamless Mobility“ ermöglichen: Verkehrsträger zusammendenken und vernetzen. Wir sind dabei, den ÖPNV im ländlichen Raum zu stärken, aber man wird gerade hier nicht auf das Auto verzichten können. Als FDP stehen wir nicht für das eine oder andere, sondern für Verkehr, Mobilität, Menschen und Unternehmen. Ein Punkt zum Thema Unternehmen und Verkehr: Es ist wichtig, dass die Wirtschaftswege funktionieren. Mit einer starken Wirtschaft legen wir die Basis für unseren Wohlstand.

RG: Beim Thema Auto denkt man auch an die Pkw-Maut. Ihre Partei hat den damaligen CSU-Verkehrsminister für das Scheitern der Maut stark kritisiert. Beschäftigen Sie sich weiterhin mit dem Thema?

DK: Ja, leider. Es gibt Klagen der Betreiber und die Verfahren beschäftigen uns. Wir versuchen, sie abzuwehren und das wird uns einige weitere Jahre beschäftigen.

RG: Und das kann teuer werden?

DK: Dazu möchte ich keine Meinung äußern. Ich hoffe, dass es so wenig teuer wie möglich ist. Da kann ich keine Schätzung abgeben.

RG: Ihr Ministerium wurde seit 2010 durchgängig von CSU-Ministern regiert und geleitet. Merkt man das?

DK: In der Vergangenheit war ein Fokus darauf, bestimmte Dinge nach Bayern zu lenken. Ich denke, es ist gut, dass wir von den Himmelsrichtungen unabhängiger werden und dass wir noch stärker als bisher ganz Deutschland im Blick haben.

RG: Herzlichen Dank für das Gespräch.

DK: Vielen Dank!

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